AK Integration und Asyl veranstaltet Vortragsabend und Ausstellung im Hachenburger Rathaus
Afghanistan: Worte und Fotos beschreiben ein leidgeprüftes Land
bonDer „Flüchtlingspfarrer“ der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Uwe Rau, berichtet über die Situation in Afghanistan. Neben ihm: Margit Limpert und Pfarrer i. R. Martin Fries, zwei Mitglieder des Arbeitskreises Integration und Asyl.07.11.2022 bon Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Aus dem Fokus geraten
Seit der Machtübernahme der Taliban im Spätsommer 2021 reißen die schlechten Nachrichten aus dem Land nicht ab. Und wenn, dann nur, weil Afghanistan wegen des Krieges in der Ukraine aus dem Fokus der Berichterstattung geraten ist. Die Probleme und das Leid gibt es immer noch. Daran werden die rund 30 Besucherinnen und Besucher des Abends erinnert, während sie sich die großformatigen Bilder der Reckenrother Fotografin Alea Horst ansehen, die während ihrer Zeit in Afghanistan entstanden sind.
Viel Leid, etwas Freude
Der Pfarrer für Flüchtlingsseelsorge und Flüchtlingsarbeit in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Uwe Rau, drückt mit Worten das aus, was die Fotos zeigen: viel Leid, fröhliche Momente und so etwas wie Alltag. „Die Fotografien zeigen ein differenziertes Bild von Afghanistan – einem sehr widersprüchlichen Land“, findet Uwe Rau.
Viele brauchen humanitäre Nothilfe
Zwar konnte die Fotografin nicht selbst in Hachenburg über ihre Bilder sprechen. Aber die Schilderungen des „Flüchtlingspfarrers“ Uwe Rau waren ebenfalls eindrücklich. „Die Frauenrechte, die Pressefreiheit, die Bildungsfortschritte und die wirtschaftliche Situation sind prekär; der Anbau von Mohn, aus dem Heroin hergestellt wird, ist seit der Machtübernahme drastisch gestiegen“, sagt Rau. „Rund 50 Prozent der Menschen in Afghanistan sind mit extremen Hunger konfrontiert; 20 Prozent der Kinder müssen arbeiten, um sich und ihre Eltern versorgen zu können. Mehr als 13 Millionen Menschen brauchen humanitäre Nothilfe, und von den rund 38 Millionen Menschen, die in Afghanistan leben, sind 42 Prozent Kinder.“
Die Kinder leiden
Überhaupt: die Kinder. Sie sind in Afghanistan besonders häufig von Gewalt bedroht. Uwe Rau spricht von mehr als 1000 Fällen sexuellen Missbrauchs pro Jahr – und von einer sehr hohen Dunkelziffer. Außerdem werden viele Mädchen als Kinder zwangsverheiratet. Der Pfarrer liest ein Statement der 13-jährigen Farhad vor, die die Sorgen ihrer Altersgenossen auf den Punkt bringt: Sie leidet unter anderem darunter, dass viele Mädchen nicht mehr zur Schule gehen dürfen. Dabei würde sie gerne lernen und später Astronautin werden, sagt sie. „Kinder, seid stark! Lernt, was Ihr möchtet und nutzt Eure Möglichkeiten – auch wenn ich das hier nicht mehr kann“, sagt sie zu ihren europäischen Altersgenossen. „Das Schlechte kommt vom Krieg. Lasst uns deswegen über Liebe reden!“, zitiert Rau die 13-jährige Farhad.
Es ist nicht so einfach
Und trotzdem ist da nicht nur das Leid: Einige der Fotos von Alea Horst zeigen lachende Kinder, die sich mit Wasser bespritzen oder Marktszenen in kräftigen Farben – Momentaufnahmen aus dem normalen Leben. Afghanistan ist eben ein komplexes Land. Und die dortige Situation ist manchmal nicht so klar, wie sie aus unserer westlichen Perspektive zu sein scheint: „Es gibt in den ländlichen Regionen des Landes viele Menschen, die sich von den Taliban Frieden und Ruhe erhoffen“, sagt Uwe Rau.
Keine endgültigen Antworten
Das ist schwer begreifbar. Endgültige Antworten, warum das so ist, geben weder die Fotos von Alea Horst noch der Vortrag von Uwe Rau. Aber die eindrücklichen Bilder und die Worte sind Zeugnisse dessen, was dort passiert und helfen, dieses Land zumindest etwas besser zu verstehen. (bon)
Im Detail: Der Arbeitskreis Integration und Asyl
Der im Jahr 2001 gegründete Arbeitskreis Integration und Asyl leistet einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Stadt und der Verbandsgemeinde Hachenburg. Er ist eine Zusammenarbeit der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden in Hachenburg. Der Arbeitskreis bietet unter anderem Sprachkurse, eine Kleiderkammer oder Einzelfallbetreuung an und hat einen internationalen Frauentreff ins Leben gerufen. Inzwischen sind auch viele ehemalige Hilfesuchende als Helferinnen und Helfer im Arbeitskreis aktiv. Er arbeitet konfessionsübergreifend, die Mitarbeitenden sind evangelisch, katholisch, syrisch-orthodox, anglikanisch, muslimisch oder konfessionslos.
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