Das Projekt „Café Gießkännchen“ der Evangelischen Vikarin Friederike Zeiler lädt Menschen zum Päuschen auf dem Gottesacker ein
Das Café am Rande des Friedhofs
bonVikarin Friederike Zeiler (links) lädt Friedhofsbesucherinnen zu Kaffee und Kuchen ein.26.09.2024 bon Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Den Gottesacker anders erleben
Das „Café Gießkännchen“ ist Friederike Zeilers Gemeindeprojekt, sprich: ein fester Teil ihrer Ausbildung zur Pfarrerin, die in ihrem Falle noch bis Juni 2025 dauert. Mit dem Projekt möchte sie, dass Menschen den Gottesacker anders kennen lernen: als Ort, den man ermutigt verlässt. Die Idee ist einfach und gerade deshalb so schön: An drei Samstagen ist die Vikarin auf dem Westerburger Friedhof. Auf dem Platz vor der Kapelle stehen gepolsterte Stühle und Tische mit Blümchen-Tischdecke, daneben ein paar Kannen mit heißem Kaffee, dazu gibt’s frischen Kartoffelkuchen und Apfelstreusel. Der Blick geht über die Ruhestätte hinaus in die grüne Ferne aus Wald und Himmel. Mehr braucht’s manchmal nicht.
Pause und Plausch
Schon gar nicht an einem sonnigen Tag wie heute: Ein paar Damen pflegen wie jeden Samstag die Gräber ihrer Lieben, und als sie Friederike Zeiler und ihr improvisiertes „Café“ sehen, nutzen sie die Gelegenheit für eine Pause und einen Plausch. Die Stimmung ist gleich gelöst: Ob sie denn einen Kaffee von der evangelischen Vikarin bekommt, obwohl sie katholisch ist, fragt eine der Frauen. Späßchen gehören auch auf dem Friedhof dazu. Genau wie Sätze, die tiefer gehen. „Der Friedhof ist eben eine Welt im Kleinen“, findet Friederike Zeiler. „Hier trifft und kennt man sich, pflegt gemeinsam die Gräber, ärgert sich über die, die’s nicht tun, tauscht sich über Neuigkeiten aus.“
Nebensätze gehen in die Tiefe
Die Vikarin mag diese „Friedhofs-Kultur“ sehr. „Wenn ich im ,Café Gießkännchen‘ mit den Leuten spreche, geht’s oft um Alltägliches wie den leckeren Kuchen oder wo man denn herkommt.“ Spannend wird’s oft in den Nebensätzen, meint sie: „Dann erzählen die Menschen, wen sie verloren haben und welche Erinnerungen sie mit ihm oder ihr verbinden. Das sind die Momente, in denen es in die Tiefe gehen kann.“ Kann, aber nicht muss. „Manchmal ergeben sich gute und tiefe Gespräche. Seelsorge auf Zwang ist aber übergriffig – besonders auf dem Friedhof“, sagt Friederike Zeiler.
Neuigkeiten aus dem Städchen
Die Damen genießen derweil die Kaffeepause. „Die Idee des Friedhofs-Cafés finde ich toll“, sagt Inge. „Friedhof und Freude passen doch gut zusammen: Hier trifft man liebe Menschen, und hier liegen unsere Lieben. Und mit ihnen viele schöne Erinnerungen.“ Auch Rita mag den Ort und die Leute, die sie hier trifft. „Der Friedhof ist ein richtiger Treffpunkt, weil hier viele Westerburger ruhen. Wenn Du ein Schwätzchen halten willst, gehst Du eben auf den Friedhof“, sagt sie lächelnd. Heide sieht das ähnlich. Als ihre Mutter gestorben ist, hat sie das sehr mitgenommen. „Ich war fast jeden Tag am Grab, um ihr nah zu sein.“ Heute ist das Gräberfeld für sie aber mehr als ein Erinnerungsort. Und das tut ihr gut: „Hier kann man sich prima über Neuigkeiten im Städtchen informieren.“
Auf- und durchatmen
Ein guter Ort. Zum Reden, zum Kaffeetrinken, zum Trauern und Lachen. Mit dem Café Gießkännchen hat Friederike Zeiler einen Platz geschaffen, an dem Menschen auf- und durchatmen können. Und Späßchen machen. Drei Mal findet das Café auf dem Friedhof insgesamt statt. Wenn’s nach der Vikarin geht, bleibt’s nicht dabei: „Noch weiß ich nicht genau, wo ich als Pfarrerin nach meinem Vikariat den Dienst antrete. Aber ich würde mir wünschen, dass es mit dem Café Gießkännchen weitergeht.“ (bon)
Das nächste und vorerst letzte Café Gießkännchen auf dem Westerburger Friedhof findet am Samstag, 12. Oktober, ab 9 Uhr statt.
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