Trotz Regens: Viele Teilnehmer bei Demo gegen Rechts in Hachenburg
Dekan: Die ,Hassfabrik‘ ist zum Bankrott verurteilt
16.01.2023 bon Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
bonDekan Dr. Axel Wengenroth fand deutliche Worte.Die Demokratie nicht vom Sofa aus verteidigen
Dieses Treffen wurde zwar abgesagt; Mitglieder des „Wäller Bündnis“ und viele andere gingen trotzdem auf die Straße. Schließlich wird die Demokratie nicht auf dem heimischen Sofa verteidigt, stellten die fünf Rednerinnen und Redner auf der Bühne bei der „Fassfabrik“ klar.
"Brutstätte für Intoleranz"
Das Quintett aus Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen und Kirchen fanden deutliche Worte für das, was die Rechten in der Fassfabrik offenbar planen. Das Gebäude ist nach Angaben des „Wäller Bündnis“ eine „Brutstätte für Intoleranz und Rechtsextremismus“: Finanziert von Rechtsextremen werden dort laut Bündnis „Zusammenkünfte, Vortragsabende und Schulungen durchgeführt, die das Ziel verfolgen, in unserer Gemeinschaft Unruhe zu stiften und die freiheitliche demokratische Grundordnung zu erschüttern“.
Mit Wortgewalt gegen rechte Strömungen
Zu Beginn der Demo wandte sich Organisator Thomas Mockenhaupt an die Menge: „Die einzige Gewalt, die wir dulden, ist die Wortgewalt“, rief er durch den Regen in die Menge – und behielt recht: Der Nachmittag blieb friedlich; die Redebeiträge waren beeindruckend. „Wir werden es nicht zulassen, dass sich hier ein Rückzugsort der Rechten etabliert – an einem Ort, an dem während der NS-Diktatur Zwangsarbeiter ihren Dienst verrichten mussten“, sagte Hachenburgs Stadtbürgermeister Stefan Leukel und sieht in der Demo ein starkes Zeichen für Demokratie, Freiheit und ein friedliches Miteinander.
Freiheit verteidigen
Dass das Treffen vor der „Fassfabrik“ ein wichtiges Signal ist, glaubt auch die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Hachenburg, Gabriele Greis. Denn die Gefahr von rechts ist noch lange nicht gebannt – obwohl es in der Vergangenheit manchmal so aussah, sagt sie: „Es gab eine Zeit, in der wir dachten, dass es vorbei ist. Aber die Freiheit muss jeden Tag neu verteidigt werden“, betonte sie.
Schweigen bedeutet Zustimmung
In Hachenburg ist diese Verteidigungslinie bunt: Hunderte farbenfroher Schirme zeigen in den grauen Himmel vor der „Fassfabrik“. „So ist unsere Gesellschaft – so soll es in Hachenburg sein“, freut sich der Präsident des Landtags Rheinland-Pfalz, Hendrik Hering, über das symbolträchtige Bild. Gleichzeitig mahnt er zur Wachsamkeit: „Wer schläft, der befördert eine Entwicklung, dass rechtes Gedankengut in der Gesellschaft ankommt. Denn Schweigen und Nichtstun bedeutet Zustimmung. Aber wir schweigen nicht. Wir erheben die Stimme, damit die Rechten hier kein Netzwerk auf den Weg bringen können.“
Viele Tote durch rechten Terrorismus
Mehr als 100 Menschen sind durch rechten Terrorismus in der Bundesrepublik bislang ums Leben gekommen – manche Quellen sprechen sogar von mehr als 200, sagt Hering und betont, dass die Gefahr für die Demokratie eindeutig rechts steht: „Dagegen müssen wir vorgehen und aufstehen – so lange, bis die Pforten der ,Hassfabrik‘ geschlossen werden.“
"Antichristliche Ideologie bekämpfen"
Der Dekan des Evangelischen Dekanats Westerwald, Dr. Axel Wengenroth, der stellvertretend für die beiden großen Kirchen sprach, sieht die Christen dabei in einer besonderen Verantwortung. „Denn große Teile der Kirche sind den Nazis schon einmal auf den Leim gegangen. Deshalb sage ich: Nie wieder werden wir diese Ideologie der Unmenschlichkeit und des Hasses unwidersprochen hinnehmen, uns ducken und darauf hoffen, dass es nochmal an uns vorbeigeht. Wir werden diese antichristliche Ideologie bekämpfen, wo wir ihr begegnen.“ Bekämpfen heißt laut Wengenroth auch: die finsteren Botschaften und Verschwörungstheorien der Rechten ans Licht bringen. „Denn sie fürchten das Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit, weil die sofort die Hohlheit, Menschenfeindlichkeit und Idiotie ihrer Ideologie offenbart. Wir stellen dieser Ideologie des Hasses das Ideal einer offenen, vielfältigen und inklusiven Gesellschaft gegenüber. Und wenn sie sich auch für heute aus dem Staub gemacht haben: Wir werden sie weiter beobachten und aufmerksam bleiben“, sagt er und spielt damit auf das abgesagte Treffen der Rechten an. „Wir lassen ihnen keine Ruhe, wenn sie wieder versuchen, ihre Art der Finsternis in den Herzen und Köpfen der Menschen zu verbreiten. Stellen wir ihnen das Licht der Vernunft, Wahrheit, Nächstenliebe und Toleranz entgegen, und sie werden keine Chance haben, ihre Ziele zu erreichen. Die Hassfabrik ist zum Bankrott verurteilt!“ (bon)
Im Detail: Das „Wäller Bündnis für Menschlichkeit und Toleranz“
Das „Wäller Bündnis“ ist ein loser Zusammenschluss aus Politik, Kirchen, gesellschaftlichen Gruppen und Menschen im Westerwald. Es hat sich 2015 zusammengefunden, um Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Diskriminierung von Minderheiten entgegenzutreten. „Extremistisches und menschenverachtendes Gedankengut dürfen in unserer Heimat keinen Fuß fassen. Deshalb gehen wir auf die Straße; deshalb zeigen wir unser Gesicht“, betont das Bündnis, dem auch das Evangelische Dekanat Westerwald angehört
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