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Wie eine Krankheit Werner Schleifenbaums Pläne auf den Kopf stellt – Langsame Rückkehr in den Job

Herzinfarkt vor dem Ruhestand: Jugendpfarrer wird ausgebremst

bonNach seinem Herzinfarkt blickt Werner Schleifenbaum zurück.

Werner Schleifenbaum ist seit mehreren Jahrzehnten einer der Charakterköpfe der Evangelischen Kirche im Westerwald. Nach einem Herzinfarkt blickt er kritisch auf die vergangenen Jahre zurück.

Werner Schleifenbaum ist Mitbegründer der Jugendkirche „Way to J“, hat unter anderem die Gottesdienste im Herschbacher Fitnessstudio ins Leben gerufen und organisiert mit den jungen Leuten immer wieder außergewöhnliche Aktionen in Kirche und Gesellschaft. Ein Typ mit vielen Ideen, der bis zu seinem Ruhestand im Herbst 2022 noch einiges vorhatte: nochmal neue und andere Jugendliche begeistern, die Übergabe der Jugendkirche an die nächste Generation vorbereiten, solche Dinge.

Pläne durchkreuzt

Doch 2019 kommt alles anders. Ein Herzinfarkt bremst den umtriebigen Pfarrer aus. Nun kehrt Schleifenbaum in den Beruf zurück und will seinen Dienst im Dekanat abrunden – wenn auch anders, als er es sich vorgestellt hatte. An dieses seltsame Jahr 2019 erinnert sich Schleifenbaum gut. Es ist ein Jahr des Umbruchs. Das Evangelische Dekanat Westerwald – also der Kirchenkreis, in dem der Pfarrer tätig ist – verlegt seinen Dienstsitz von Selters nach Westerburg. Für die Jugendkirche, die Schleifenbaum betreut, ist das eine neue Situation. Denn in dem alten Verwaltungsgebäude befindet sich auch der Jugendraum, in dem sich die jungen Leute jede Wochen treffen.

Verzweifelte Suche

Werner Schleifenbaum sucht mit mehreren Mitstreitern verzweifelt nach einer neuen Bleibe für die Jugend – vergeblich. Dass die Jugendlichen ihren Raum letztlich behalten werden, wissen sie damals noch nicht. Hinzu kommt das neue landeskirchliche Projekt „Perspektive 2025“, das 2019 anläuft und eine „Jugendkirche mit anderen“ im ländlichen Raum etablieren will. Ein spannendes Ziel, findet Schleifenbaum auch heute noch. Aber er weiß, dass er sich damals überfordert hat. „Die ständige Suche nach einem Jugendraum, das landeskirchliche Projekt … ich habe zu viel gleichzeitig gemacht und dabei nicht mehr die Zeit gehabt für die, um die es geht: die Jugendlichen“, sagt er im Rückblick. „Ich war nicht mehr so präsent in den Teamtreffen, womit ich mich zusätzlich unter Druck gesetzt habe.“

Ein Stolperstein

Heute würde er einige Dinge anders tun. „Manche Aufgaben hätte ich die Jugendlichen nicht alleine machen lassen sollen. Zum Beispiel, als sie den Gottesdienst zum Reformationstag geplant haben. Denn der war für das Team ziemlich frustrierend.“ Der Gottesdienst am 31. Oktober 2019 ist ein weiterer Stolperstein, der Schleifenbaum aus dem Takt bringt. Am 3. Dezember meldet sich sein Körper sehr deutlich zu Wort: Schleifenbaum hat einen Herzinfarkt.

Lange krankgeschrieben

In den nächsten Wochen erlebt er zwei Operationen und eine fünfwöchige Reha. Und dann kam Corona. „Mein Hausarzt sagte damals mir klipp und klar, dass ich so lange krankgeschrieben bin, bis es die Pandemie in Deutschland nicht mehr gibt“, erzählt er. Der übertaktete Jugendpfarrer ist plötzlich auf Standby. Drei Jahre vor seinem Ruhestand. In der Reha wird er psychologisch betreut und arbeitet die letzten Berufsjahre auf. „Mir ist nochmal neu klargeworden, dass der Kontakt mit den Jugendlichen und die Arbeit im Team das Wichtigste ist“, glaubt er. „Durch das Zusammensein mit ihnen haben sich viele meiner Einstellungen verändert, und ich sehe einiges anders als während meiner Zeit als Gemeindepfarrer.“

Gute Nachfolge

Das hilft ihm, Dinge auch loslassen zu können. Während er noch krankgeschrieben ist, wird die bereits gemischt-konfessionelle Jugendkirche nun auch offiziell ökumenisch und Dekanatsjugendreferent Marco Herrlich betreut mit dem katholischen Pastoralreferenten Stefan Ley die jungen Leute. Für Schleifenbaum ist das rückblickend völlig in Ordnung. Mehr noch: Er ist dankbar für die 15 Jahre in der Jugendkirche und heilfroh über seine beiden Nachfolger bei „Way to J“: „Es fällt mir nicht schwer, mich von der Jugendkirche zurückzuziehen. Ich habe das gemacht, was möglich war, und nun liegt es nicht mehr in meiner Hand.“

Neue Schwerpunkte

Eines ist dem Jugendpfarrer dennoch wichtig: Er möchte nicht aus der Krankheit heraus in den Ruhestand gehen. Deshalb beginnt nun seine Wiedereingliederung, die sich langsam auf 100 Prozent steigert. Nur die Schwerpunkte setzt Schleifenbaum während seiner letzten Monate im Beruf neu. „Ich mische mich sicher nicht in Dinge ein, für die schon andere verantwortlich sind“, sagt er mit Blick auf die Jugendkirche und freut sich, dass es dort so gut läuft. Zurzeit baut er Kontakt zu einigen jungen Geflüchteten aus der Ukraine auf, die in der Region leben. Außerdem beschäftigt er sich mit Fragen nach Gottes Schöpfung und betreut nach wie vor das von ihm initiierte Insektenhotel-Projekt: „Das ist eine Kooperation mit dem Naturschutzbund, der Kommune, der Kirche, Kitas, einer lokalen Firma und vielen anderen“, erzählt er. „Bislang haben wir 250 spendenfinanzierte Insektenhotels in der Region aufgestellt und Blühstreifen angelegt. Und es werden noch mehr“, kündigt er an. Denn noch ist er ja nicht im Ruhestand. Noch gibt es einiges zu tun. (bon)

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