Veranstaltungen in der ehemaligen Synagoge
Ökumenischer Gottesdienst zur Pogromnacht
shg12.11.2024 shgo Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Ihre These: Nur durch die aktive und passive Ent-Solidarisierung vieler Menschen mit ihren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern wurde die Pogromnacht möglich. „Ein Leib und viele Glieder“, so lautete das zentrale Bild, das Dr. Wengenroth und Dr. Poell in ihren Ansprachen entfalteten, inspiriert vom biblischen Text aus dem 1. Korintherbrief (12,12-26). Die Redner betonten, dass das Bild des Körpers als Gemeinschaft die wechselseitige Abhängigkeit und die Notwendigkeit von Vielfalt symbolisiere – sowohl in der Kirche als auch in der gesamten Gesellschaft.
Jeder und Jede unersetzbar
Poell wies darauf hin, wie schwer es falle, Ausfälle oder Einschränkungen im eigenen Körper zu kompensieren, und übertrug dies auf das Miteinander in der Gesellschaft, wo jede und jeder eine nicht ersetzbare Aufgabe und Rolle habe. „In unserer Gesellschaft muss die Würde jedes einzelnen Menschen auch ohne Bezug auf Gott begründet werden können“, so Dr. Poell.
Raus aus der Blase
Wengenroth nutzte den Gottesdienst, um die Teilnehmenden darauf hinzuweisen, wie wichtig es sei, „Blasen und Filter“ zu überwinden, in denen Menschen oft nur mit Gleichgesinnten kommunizieren. Gesellschaftliche Vielfalt funktioniere nur, wenn alle Bereiche und Menschen – ob „Auge“ oder „Hand“ – im Bewusstsein ihrer wechselseitigen Abhängigkeit verbunden sind. Er zog auch Parallelen zur „Erkrankung“ des „body politic“ (englisch: Staatswesen) im Nationalsozialismus und betonte, dass nur eine bewusste, gelebte Solidarität eine solche gesellschaftliche Krankheit verhindern könne. „Die Novemberpogrome waren nicht nur ein Verbrechen an sich, sondern zugleich ein Symptom für die grundsätzliche Krankheit der Gesellschaft unter den Nazis“, sagte der Dekan.
Klezmer-Musik und Orgel
Musikalisch gestaltet wurde die Veranstaltung von Trio Flex und von Eberhard Ströder an der Orgel. Das Trio Flex mit Britta Aigner-Schumann, Joachim Westphal und Dekanatskantor Jens Schawaller schuf mit Klezmer-Klängen eine emotionale Verbindung zur jüdischen Kultur und verlieh dem Gottesdienst so eine besondere Atmosphäre.
Zuvor: Spurensuche in der ehemaligen Synagoge
In einer Veranstaltung vor dem Gottesdienst hatte Dr. Georg Poell rund 30 interessierte Teilnehmende auf eine historische Spurensuche im Kirchengebäude mitgenommen. Er zog Parallelen zu anderen jüdischen Gotteshäusern in der Region, schlug theologisch eine Brücke zwischen jüdischem und christlichem Glauben und sprach über die 2018 installierten Kirchenfenster, die Szenen aus dem Alten Testament darstellen und so ein kulturelles Erbe in die Gegenwart tragen. Die Kollekte des Gottesdienstes wird für die Erhaltung der Fenster verwendet.
Die Evangelische Erwachsenenbildung im Dekanat Westerwald und die Katholische Erwachsenenbildung Westerwald – Rhein-Lahn veranstalten im zweiten Jahr in Folge im November eine Veranstaltungsreihe, um die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wach zu halten und daraus Lehren für die Gegenwart zu ziehen.
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