Quartett ist Teil der Synode der EKHN
Wie vier Wäller mit Herz über die Zukunft der Kirche entscheiden
bonSie gestalten die Zukunft der Kirche mit (von links): Esther Frank, Dieter Eller, Rotraud Weber und Elisabeth Huhn.15.04.2024 bon Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Sie sind dort, wo die Weichen für die Evangelische Kirche gestellt werden. Eine große, fordernde Aufgabe, der sich die vier Wäller gewissenhaft und mit der nötigen Portion Humor stellen. Zwei- bis dreimal pro Jahr nehmen die vier an der Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) teil. Die tagt in Frankfurt und ist so etwas wie das Parlament der Landeskirche, zu der auch der Wäller „Kirchenkreis“, sprich: das Evangelische Dekanat Westerwald gehört.
Wichtige Entscheidungen treffen
Die Sitzungen sind aber nur ein Teil der Arbeit, die das Quartett ehrenamtlich leistet. Denn die Frauen und der Mann arbeiten auch in diversen Ausschüssen mit – was wiederum mehrere Treffen pro Jahr bedeutet. In der Synode selbst entscheiden sie mit 116 weiteren Synodalen über nicht weniger als über die Zukunft unserer Kirche: über Theologisches, Rechtliches, Personelles und Finanzielles. Themen, die auch die Kirchengemeinden vor Ort betreffen.
Viel Zeit investiert
Dieter Eller weiß, wie verantwortungsvoll diese Aufgabe ist und rechnet vor, dass er pro Woche rund zehn bis 20 Stunden in diesen Dienst investiert – ehrenamtlich, versteht sich. „Die kommen schnell zusammen, wenn ich zu Sitzungen fahre und mir Protokolle durchlese. Wäre ich kein Rentner, könnte ich das wahrscheinlich nicht leisten“, sagt er.
Der alte Hase
Eller ist der alte Hase in der Runde. Ein Routinier, der seit acht Jahren Mitglied der Kirchensynode ist und inzwischen die zweite Legislaturperiode erlebt. Die anderen nennen ihn hochachtungsvoll den „Mentor“ und sind froh, ihn an der Seite zu haben. „Die Themen, die bei der Synode besprochen werden, sind manchmal hochkomplex. Mich fordert das jedes Mal ungemein – zumal meine Entscheidungen Konsequenzen haben, die die Basis betreffen. Ich bin deshalb froh, dass uns Dieter Eller gut in die Arbeit eingeführt hat“, sagt Esther Frank, für die es die erste Legislaturperiode ist.
Pickepacke voll
Die Komplexität der Themen ist freilich nicht die einzige Herausforderung. Die mehrtägigen Sitzungen dauern oft bis spät in den Abend; einzelne Punkte werden mitunter kontrovers und emotional diskutiert. Wie es in einem Parlament eben üblich ist. „Die Tage sind pickepacke voll und dauern schon mal deutlich länger als 22 Uhr. Und danach folgt dann noch das Abendprogramm und die inoffiziellen Treffen bei einem Gläschen Wein, bei denen oft munter und produktiv weiterdiskutiert wird“, sagt Rotraud Weber. Es gibt eben viel zu besprechen in einer Zeit, in der sich Kirche verändert. Gerade bei der EKHN mit ihrem Kontrast zwischen den städtischen und ländlichen Gebieten. „Manche Entscheidungen fallen zu Gunsten der Landdekanate mit ihren großen Flächen und andere zugunsten der städtischen Dekanate mit ganz anderen Lebenssituationen aus“, sagt Pfarrerin Elisabeth Huhn.
Dinge, an denen Herzen hängen
Klar, dass das für Spannungen sorgt – nicht nur während der Synode, sondern auch in den Heimatgemeinden des Westerwalds. „Wir entscheiden über Pfarrstellen und über Gebäude, also über Menschen und Dinge, an denen Herzen hängen. Deshalb beäugen uns die Leute in den Gemeinden ganz genau“, sagt Esther Frank. „Es sind eben demokratische Prozesse, die bei der Synode ablaufen. Und manchmal müssen wir Sachen geraderücken, bei denen andere vor 40, 50 Jahren aus dem Vollen geschöpft haben“, sagt sie und spielt damit auf so manches Gemeindehaus an, das vor Jahrzehnten gebaut wurde, inzwischen aber sanierungsbedürftig und im Unterhalt zu teuer ist.
Raus aus der theologischen Bubble
Bei allen Entscheidungen, die die Wäller Synodalen mittragen, gilt für sie der Grundsatz: Menschen sind wichtiger als Steine. „Der Dienst am Nächsten ist unsere Kernbotschaft“, sagt Rotraud Weber. „Danach entscheiden wir, wofür oder wogegen wir stimmen.“ Rotraud Weber engagiert sich wie Dieter Eller und Esther Frank ehrenamtlich in der Kirche; Elisabeth Huhn ist Pfarrerin der Trinitatis-Gemeinde Westerwald. Das entspricht ungefähr der Zusammensetzung der Synode. Sie besteht zu mindestens zwei Dritteln aus Laien, zu einem Drittel aus hauptamtlichen Pfarrpersonen. „Diese Mischung hilft, um aus der theologischen Bubble herauszukommen und Kirche ganz neu zu denken“, sagt Elisabeth Huhn.
Kirche liegt am Herzen
Denn darum geht es bei der Arbeit in der Synode letztlich: Kirche zu gestalten. „Wir können trotz aller Sachzwänge Einfluss nehmen“, sagt Dieter Eller. „Und genau deshalb mache ich’s: Weil mir meine Kirche am Herzen liegt und es mir nicht egal ist, was mit den Gemeinden passiert.“ Außerdem schätzen die vier Westerwälder die spirituelle Tiefe während der Synode: die Andachten, das Friedensgebet zum Mittag, das Abendgebet, den gemeinsamen Gesang. Ihrer Ansicht nach ist das ein wichtiger Grund für das gute, oft fröhliche Miteinander während und besonders nach der Sitzung. „Es gibt trotz aller Diskussionen kein Gegeneinander. Man fühlt sich ernstgenommen – auch von der Kirchenleitung“, findet Rotraud Weber. „Und wir mögen unsere kleine Wäller Delegation: die gemeinsamen Fahrten, den Austausch. Die Stimmung ist einfach prima, und es gibt auch immer viel zu lachen“, sagt Elisabeth Huhn.
Eine Kirche der Basis
Die Evangelische Kirche ist und bleibt eben eine „Kirche von unten“, also von der Basis. Die Gemeinden im Westerwald sollten diese Chance noch stärker nutzen, finden die vier Synodalen. „Wenn wir wissen, was die Gemeinden vor Ort brauchen, können wir in der Synode und den Ausschüssen entsprechende Entscheidungen treffen“, fasst Dieter Eller zusammen. „Deshalb sollten die Gemeinden noch viel stärker als bisher mit ihren Anliegen auf uns Synodale zukommen oder auch mal einen Antrag an die Synode stellen. Denn nur wenn man mitmacht und sagt, wo der Schuh drückt, ändern sich Dinge zum Guten.“ (bon)
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